Gleich bei ihrer Erstvermarktung im Jahr 1959 hatte es für Barbie eine ganze Reihe zusätzlicher Kleider bis hin zur Unterwäsche und so lehrreichen Accessoires wie „an apple a day …“ gegeben. Die Zielgruppe „Mädchen“ konnte so ganz spielerisch das komplexe und geheimnisvolle Universum der Weiblichkeit erkunden.
Schon 1961 startete Barbie in der Berufswelt durch. Seitdem schreibt sie an einem wahrhaft beneidenswerten Patchwork-Lebenslauf: Nach ihrer initialen Berufung als „Teenage Fashion Model“ wurde sie schon 1960 Fashion Editor, dann Ballerina, Krankenschwester, Stewardess und Mitte der 1960er Jahre Student teacher, um sich dann ein Beispiel an Valentina Tereshkova, der ersten Astronautin, zu nehmen und zeitgleich mit den US-Amerikanern auf dem Mond zu landen. Mattel hatte entdeckt, dass die Töchter der zweiten Frauenbewegung neue Rollenmodelle brauchten. Barbie wurde Olympia-Medaillen-Gewinnerin, Flower-Power-Girl, Aerobic-Trainerin, Rock-Star mit eigener Band, Formel I-Fahrerin, Firefighter, Zahnärztin und Pilotin im Golf-Kriegsjahr 1989 zeitgleich Sergeant der US-Army und Unicef-Botschafterin – alle Türen öffneten sich der makellosen Schönheit.
Dieses Prinzip der saisonal wechselnden Berufsorientierung verfolgt Mattel auch im neuen Millenium weiter. https://www.barbiemedia.com/timeline.html
hier "Art Teacher", 2002
Nur "Arbeitslose" oder "Sozialhilfeempfängerin" wurde sie nie. (Dabei wären die "An-apple-a-day"-Bildungsaccessoires in diesem Fall bestimmt sehr aufschlussreich gewesen.)
Um den Milleniumswechsel zeichnete sich gesamtgesellschaftlich ein Paradigmenwechsel ab. Arbeitsknappheit war nicht mehr ein Problem der Wohlfahrtssysteme. Stattdessen griffen die Mechanismen der New Market Economy. Es folgte die Erkenntnis, wie bedeutsam Kreativpotentiale sind – nicht nur für das (Er-)Finden individueller Lebensläufe oder gar (Selbst--)Beschäftigungsstrukturen, sondern auch als wertvolle Ressource für ganze Branchenentwicklungen. Lebenswege von Künstlern und Künstlerinnen wurden zur Inspirationsquelle für Politik und Wirtschaft – und Barbie wurde Teil der Kreativen Klasse.
Die Milleniumsserie der „Generation Girls“ bestand aus einer kleinen Clique, der neben „Marie“, der Malerin, auch Barbie, die Filmemacherin, eine Songschreiberin, zwei Sportlerinnen und eine Modedesignerin angehörten.
Kästen in Arbeit im Atelier
Outfit "Florine Stettheimer" und Vorlage
2015 – "Hello Barbie": Sprechende Barbies hat es schon gegeben, mit so vielsagenden wie vorbildhaften Plattentexten wie "Math is hard!". Auch eine Guerilla-Kunstaktion der Barbie Liberation Organisation, bei der die Sprach-Chips in GI-Puppen manipuliert wurden zu Aufforderungen, lieber shoppen als killen zu gehen. (http://rtmark.com/bloscript.html, http://en.
wikipedia.
org/wiki/Barbie_Liberation
_Organization)
Auf der Spielwarenmesse in New York im Februar 2015 hat Mattel die "Hello Barbie" vorgestellt, die mit Lautsprecher und Voice Recorder ausgestattet und wlan-fähig ist. So kann Barbie zukünftig als beste Freundin ein "echtes" Gespräch führen. Die Beiträge der Spielerin werden an die Server von Mattel übermittelt und dort Antworten generiert. In Europa wird diese Puppe voraussichtlich nicht vermarktet werden.
2016: "Wir haben die Verantwortung, Mädchen und Eltern eine breitere Auffassung von Schönheit zu präsentieren.", zitiert die Süddeutschdeutsche Zeitung die Mattel-Sprecherin, als die neue Serie Barbie-Puppen eine größere Diversität an Körpermaßen widerspiegelt. Wo bleiben die bärtigen Frauen?
2018: Für Streit mit den Frida-Kahlo-Erben sorgt die Vermarktung einer Serie von 19 Puppen, die sich nun – anders als noch mit dem Astronautinnen-Outfit von 1965 – konkret abbildend an realen berühmter Frauen unterschiedlicher Genres und Zeiten bedient.
2023: Der "Barbie"-Film von Greta Gerwig feiert weltweiten Erfolg als vermeintlich feministischer Grundkurs. Ich persönlich finde, dies ist eine verpasset Chance.
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