Yaoyi Kusama (*1929) Kusama hat nach eigener Aussage schon als Kind gewusst, dass sie einmal eine weltberühmte Künstlerin würde. Zwar begegnet sie O'Keefe nicht, die zu dieser Zeit bereits in New Mexiko lebt, doch wird Kusama Teil der schillernden New Yorker Kunstszene und macht sich mit spektakulären Installationen und Happenings – in den 1960ern auch mit provokanten Aktionen im Zusammenhang mit der Protestbewegung gegen den Vietnam-Krieg – einen Namen, bevor sie 1977 nach Japan zurückkehrt. Dass sie sich dort selbst in eine Psychiatrische Klinik einweist, mag zwiespältig klingen. Am Goldsmith's College in meinem Gastjahr in den Textile Studies, 1991, war Kusama noch unbekannt. Im Theorie-Seminar bei Katy Deepwell (der späteren Gründerin und Herausgeberin des feminstischen Kunstmagazins n.paradoxa) sollten wir paarweise einen kurzen Vortrag über einen "Künstler" halten. Für mich war es Ehrensache, über eine Künstlerin zu sprechen, doch wollte ich nicht eine derer wählen, die uns von den Dozentinnen bereits als Ausnahmen und Vorbilder nahe gebracht worden waren. Eine meiner engsten Kommilitoninnen war eine Overseas-Studentin aus Nagoya. Sie hatte sich für das Studium in London aus ähnlichen Gründen entschieden, wie Kusama fast 40 Jahre zuvor. Um so interessierter war sie daran, mir Kusama vorzustellen und den Vortrag für das Seminar mit mir gemeinsam zu gestalten. Die durchaus gut sortierte College Bibliothek (der zwischenzeitlich die Archive der Women's Art Library/Women Artists' Slide Library, dem englischen Schwesternprojekt von bildwechsel überlassen wurden), stellte uns bereitwillig Dias fvon den wenigen Abbildungen her, die wir lange vor weltweiter Digitalrecherche in einem Sammelkatalog fanden. Wir bekamen große Anerkennung für die Wahl unseres Themas. In der anschließenden Diskussion wurde gerade die vermeintliche psychische Pathologisierung der Künstlerin als srukturelle thematisiert – wie vielen Künstlerinnen war doch in der Geschichte die Anerkennung streitig gemacht worden, indem sie kurzerhand für irrsinnig erklärt worden waren. Das war damals für mich ein neuer Gedanke. Auf Yaoyi Kusama trifft er respektive nur bedingt zu. Glaubt man den Quellen und ihrer Autobiografie, so hat sie die Entscheidung selbsttätig getroffen und hat über die Jahrzehnte vor Ort ein umfassendes Atelier mit einer größeren Zahl Assistent*innen eingerichtet. Von dort organisiert ihr Team die weltweiten Ausstellungen mit immer neuen Werken. Für die große Retrospektive im Louisiana Museet bin ich in einem vereisten Januar nach Kopenhagen gefahren und war ganz beseelt von den Werken, auch von den frühen Infitity Paintings, die ich dort erstmalig im Original sehen durfte. Ich finde es wichtig, dass sie ihre Akkumulationen von phallischen Soft-sculpture-Objekten selbst nicht auf vermeintliche sexuelle Obsessionen zurückführt, sondern vielmehr eine Angst vor Masse beschreibt, Angst vor Massenproduktion jeglicher Art insbesondere auch der von Nahrungsmitteln. Eine ihrer Galerieinstallationen in den ersten New Yorker Jahren basiert beispielsweise auf einer bestimmten industriell produzierten Nudelsorte, mühlradartig mit einem kleinen Loch. Diese verteilte sie in großen Mengen in der ganzen Galerie auf dem Boden. In ihrer Autobiografie erinnert sie sich leicht schelmisch daran, wie die Besucherinnen der Vernissage mit ihren Stöckelschuhen in den Nudeln stecken blieben.
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Literatur: Yayoi Kusama
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